CT in der Entwicklung von Kunststoffen und modernen Fertigungstechnologien
Februar 22, 2021 | Gina Naujokat
Das Institut für Kunststofftechnik in Stuttgart zeigt anhand einiger Beispiele, wie die Computertomografie die Entwicklung von neuen Materialien und additiven Fertigungsverfahren unterstützt.
Die Entwicklung von neuen Materialien im Kunststoffbereich und neuen Produktionstechnologien wie der Additiven Fertigung hat in den letzten zehn Jahren rasant an Fahrt aufgenommen. Hier leistet die zerstörungsfreie Prüfung mittels Röntgen nicht nur wichtige Dienste im Bereich der Qualitätssicherung, sondern unterstützt mit hochauflösender Computertomografie besonders in Forschung und Entwicklung. Mit dem Datensatz eines CT-Scans und anhand der dreidimensionalen Visualisierung des Prüfobjekts können Materialproben genau untersucht werden. Neben dem Auffinden von Defekten, Porositäten oder Materialeinschlüssen können Abweichungen in Wandstärken, Ausrichtungen von Fasern oder die Homogenität von Schäumen präzise analysiert werden. Das erlaubt Rückschlüsse auf die jeweilige Fertigungsmethode, die entsprechend korrigiert und optimiert werden kann.
Moderne, faserverstärkte Kunststoffe haben den Vorteil, das Gewicht von Bauteilen stark zu reduzieren, und werden im Luftfahrt- und Automobilbereich eingesetzt. Das Ziel dabei ist, Treibstoff einzusparen oder im Zuge der Elektromobilität von konventionellen auf neue Antriebsformen umzustellen. Neben dem üblichen Spritzgussverfahren wird verstärkt die additive Fertigung eingesetzt, mit der sehr komplexe Geometrien hergestellt werden können und die für Kleinserien und Prototypen effizienter ist.
Um die Stabilität und Funktionalität der Komponenten sicherzustellen, wird entwicklungs- und fertigungsbegleitend die Computertomografie eingesetzt. Sie gibt verlässlichen Aufschluss über die inneren Strukturen, und darüber hinaus können die Datensätze für entsprechende Funktionssimulationen genutzt werden.
Das Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Uni Stuttgart hat ein Comet Yxlon FF20 CT Prüfsystem mit einer 190kV-Nanofokus-Transmissionsröhre im Einsatz. Damit erforscht es zahlreiche Anwendungsbereiche der Kunststofftechnik, darunter Werkstoff- und Verarbeitungstechniken sowie die Entwicklung neuer Produkte. Fertigungsprozesse und verschiedene Materialien werden genauestens für ihre speziellen Einsatzgebiete überprüft.
[Visualisierungen und Analysen: Amira-Avizo Software]
Strangablageverfahren (FDM): Das Strangablageverfahren oder auch FDM (Fused Deposition Modeling) ist ein additiver Fertigungsprozess, der für komplexe Bauteilgeometrien und im Prototypenbau eingesetzt wird. Da diese Bauteile in ihren mechanischen Eigenschaften Spritzgussteilen noch unterlegen sind, wird die Ablage der einzelnen Filamente mittels Computertomografie überprüft, um Aufschlüsse zur Optimierung des Fertigungsprozesses zu erhalten.
Schichtverbund im Lagenaufbau: Dieser Ausschnitt eines Schichtverbunds im Lagenaufbau zeigt, wie Endlosglasfasern schichtweise in 0°/90°/0°-Ausrichtung aufgebracht worden sind. Diese Fertigungsmethode findet ihre Anwendung für Komponenten im Flugzeug-, Boots- und Automobilbau, da sie eine Festigkeit wie Metalllegierungen aufweisen, dabei jedoch wesentlich leichter sind. Im CT-Volumen kann man deutlich die Faserorientierung erkennen und das Material zuverlässig auf Delaminationen, Lunker oder Verformungen aufgrund äußerer Einwirkungen (z.B. Impacts) analysieren.
Kurzfaserverstärktes Polyamid: Diese Probe wurde aus kurzfaserverstärktem Polyamid gefertigt und mittels Ultraschall verschweißt. Die Ausrichtung der Fasern ist ein wichtiges Kriterium für die Festigkeit eines Bauteils. Mit der Computertomografie kann die Faserorientierung in einem dreidimensionalen Volumen komplett bestimmt werden. Dies war vorher nur durch sehr aufwändige Schliffbilder möglich, die keine vollumfängliche dreidimensionale Betrachtung zulassen. Das Verfahren eignet sich auch zur Optimierung von spritzgegossenen Bauteilen (Bestimmung der Faserorientierung und –länge) und zur Validierung von Prozesssimulationen.
Schäume: Schäume werden vorwiegend zur Wärmeisolation, aber auch im Leichtbau benutzt. Sie können für ihren jeweiligen Zweck optimiert werden, wenn man im Fertigungsprozess Einfluss auf die Größe und Verteilung der Poren nimmt. Es handelt sich hier um eine Schaumprobe, die von der Größe her einem Maiskorn entspricht. In Bild 1 sieht man das komplette CT-Volumen, das in Bild 2 digital angeschnitten ist, wodurch die Poren sichtbar werden. In Bild 3 wird mit der Negativansicht gearbeitet. Das Material wird ausgeblendet und die Luftbereiche farblich visualisiert, um die Porenstruktur zu untersuchen. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Poren von innen nach außen an Größe verlieren. Mit der CT-Software kann u. a. von jeder einzelnen Pore das Volumen und die Form im Verhältnis zur Lage berechnet werden. Mit diesen Daten ist es möglich, die Fertigungsprozesse gemäß den Anforderungen zu optimieren und Einfluss auf die mechanischen bzw. Wärmedämmungseigenschaften zu nehmen.
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