Das Phänomen der Scheinauflösung
Juni 05, 2023 | Andreas Deresch, Gina Naujokat
Durch Zufall sind wir vor kurzem gemeinsam mit einem Kunden auf ein Phänomen gestoßen, dem wir bisher keine Aufmerksamkeit geschenkt hatten. Ein scheinbar aufgelöstes Röntgenbild entpuppte sich als Fälschung. Ein Simulationsmodell belegte das Geheimnis.
Unser Kunde zeigte uns ein Röntgenbild einer JIMA-Auflösungsstruktur bei 0,4 µm Linienbreite.
JIMA-Auflösungsstrukturen gehören zu den bekanntesten Bildgüte-Indikatoren (IQIs – Image Quality Indicator), um die Qualität von Bildketten und der Auflösung von eingesetzten Mikrofokus-Röntgenquellen zu überprüfen. Das kleinste Segment von 0,4 µm wird bei entsprechenden Mikrofokusanwendungen mit Brennflecken von kleiner als ca. 0,7 µm voller Halbwertsbreite* eingesetzt. Die Struktur besteht aus sechs Linien à 0,4 µm**, sieben Zwischenräumen von 0,4 µm und einem breiteren Rahmen.
Das vermeintlich gut aufgelöste Röntgenbild machte uns durch den unerwartet unscharfen Rahmen der Struktur stutzig.
Dies veranlasste uns zu einigen Versuchen. Wir machten zum Vergleich Aufnahmen von drei unterschiedlichen Strukturen eines entsprechenden JIMA-Prüfkörpers und erstellten von der jeweils markierten Stelle ein Profil.
Bei 0,7 µm erhalten wir mit dem verwendeten Brennfleck ein aufgelöstes Bild, auf dem die Linienstruktur gut zu erkennen ist und auch das Profil sechs Linien anzeigt.
Bei 0,6 µm werden ebenfalls alle sechs Linien abgebildet, auch wenn das Rauschen hier schon deutlich stärker ist.
Auch bei 0,4 µm erhalten wir durch anschließende Bildbearbeitung (Erhöhung des Kontrasts, wodurch allerdings auch das Rauschen verstärkt wird) ein aufgelöstes Bild, das auch im Profil alle Linien klar zeigt.
Unser Eingangsbild zeigt im Profil allerdings nur fünf anstatt sechs Linien. Es muss als unaufgelöst gelten, da die Bildinformationen ineinander übergehen und eine verfälschte Struktur abgebildet wird.
Mit einer Simulationssoftware stellen wir dieses Phänomen mit einem simulierten, gleichförmig hellen, kreisrunden Brennfleck von 1,7  µm Durchmesser nach und erhalten dasselbe Ergebnis.
Uns interessiert nun, wie sich verschiedene Brennfleckgrößen, hier jeweils als Durchmesser einer gleichförmig hellen Kreisscheibe angegeben, bei der 0,4µm-Struktur verhalten, und konzentrieren uns auf die Anzahl der identifizierten Linien. In 0,1µm-Schritten läuft alles glatt bis 1,0 µm.
0,1 µm Brennfleck – 6 Linien:
0,6 µm Brennfleck – 6 Linien:
0,8 µm Brennfleck – 6 Linien:
1,0 µm Brennfleck – 6 Linien:
1,1 µm Brennfleck – KEINE SICHTBARE LINIE!
1,2 µm Brennfleck – NUR 5 LINIEN SICHTBAR!
Das bleibt so bis zum Brennfleck von 1,7 µm, bis 5 Linien bei 1,8 µm nur noch schwach zu sehen sind,
um bei 1,9 µm wieder völlig zu verschwinden.
Bei 2,0 µm erscheinen nur noch 4 (schwache) Linien,
die dann bei 2,1 µm deutlich zu erkennen sind:
Diesen Prozess haben wir nachvollziehen können, bis ab 2,8 µm nur noch drei Linien schwach sichtbar waren,
die anschließend dann wieder deutlicher wurden. Zur Erinnerung: Das JIMA-Target enthält 6 Linien! Alle anderen Darstellungen entsprechen nicht der Realität.
Dieses Phänomen scheint also offensichtlich von der Form/Größe des eingesetzten Brennflecks abhängig zu sein und konnte anhand des Simulationsmodells numerisch nachvollzogen werden.
Betrachtet man die Modulationstransferfunktion (MTF) für eine Abbildung mit dem simulierten Brennfleck, so erkennt man mehrere Ortsfrequenzen, entsprechend verschiedenen Linienbreiten der Auflösungsmuster, bei denen die Kurve die Null-Linie erreicht, also die Abbildung gar keinen Kontrast mehr zeigen würde. Die jeweils zwischen zwei solchen Punkten liegenden Bereiche entsprechen der Sichtbarkeit einer reduzierten Linienanzahl. Nur im Bereich bis zum ersten(!) Unterschreiten eines gewählten Schwellwertes kann die entsprechende Strukturgröße als aufgelöst gelten. Ein an der menschlichen Wahrnehmung orientierter gebräuchlicher Schwellwert ist hierbei 10%.
Mit dieser Simulation wollten wir darstellen, dass vermeintlich aufgelöste Bilder eines Prüfkörpers nicht unbedingt immer das zeigen, was vorhanden ist. Im Falle des Einsatzes der verschiedenen JIMA-Prüfkörper ist es unbedingt empfehlenswert, das tatsächliche Vorhandensein aller Linien der Struktur zu überprüfen. Comet Yxlon bietet bei seinen CT-Systemen eine den Bediener unterstützende, in Geminy integrierte Software, die eine Fehlinterpretation verhindert und immer sicherstellt, welche Auflösungen tatsächlich erreicht werden können! Ein Beispiel eines Auflösungs-Test-Berichts sehen Sie unten. Sprechen Sie uns einfach an.
*Die Bestimmung von Brennfleckgrößen in diesem Größenbereich ist bisher nicht standardisiert. Im Rahmen des Förderprojektes NanoXSpot wurden unter Beteiligung von Comet Yxlon zwei Methoden weiterentwickelt und zur Standardisierung vorgeschlagen.
** Nominal. Es besteht eine Toleranz von ±10% bei 23°C. Ein begleitendes Zertifikat enthält die bei der Endabnahme aktuell gemessenen Größen.
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